Freitag, 12. Mai 2017
Der Dunkle Wunsch - Tagebuch eines Suizidalen
Hallo Welt,

wahrscheinlich gibt es Tausende da draußen die interessantere Geschichten zu erzählen haben, Tausende die auf ähnliche oder schlimmere Weise leiden, Tausende die einen härteren Kampf führen und stärker sind. Mit Sicherheit aber gibt es bessere Schreiber...

In diesem meinem persönlichen Blogg möchte ich das Leben eines suizidalen hochgradig depressiven Mannes schildern, der nur noch da ist, weil a.) sein bisher einziger Kurzschlußversuch scheiterte und er b.) immer noch/wieder an seiner Moral festhält, dass er es seiner Tochter nicht antun darf aus freien Stücken zu sterben.

Natürlich gibt es auch andere Menschen die darunter leiden würden, wenn ich freiwillig gehe, aber nur dieser kleine Mensch ist es mir Wert, gegen meinen dunklen Wunsch anzukämpfen, bis ich ein ehrenvolles oder natürliches Ende finde.

Normalerweise müsste ich all die Schicksalsschläge, Niederlagen, all mein Versagen, alle Demütigungen und alles was dazu führte, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche als meinen eigenen Tod, zunächst aufführen, aber diese Geschichte würde alleine schon mehrere Bücher füllen, weshalb ich mich darauf beschränke die momentan Situation und mein Leben zu schildern, ein Leben in dem ich leben muss, nicht leben will.

Ausserdem erhoffe ich mir davon, die schrecklich langen oft qualvollen Tage und schlaflosen Nächte mit einem kleinen Sinn zu füllen, wenn ich mich kurz hinsetze und Tag für Tag schreibe, wie es mir ergeht. Vielleicht unterstützt es mich bei meinem Kampf, dem dunklen Wunsch nicht nachzugeben und die ein oder andere Erkenntnis zu gewinnen, die mir einen neuen Sinn und Willen geben könnte.

Ich möchte berichten was es bedeutet, ein Leben zu führen in dem Lebensangst und Todessehnsucht jeden Tag drohen die Oberhand zu gewinnen, gefangen in einem Gesundheitssystem in dem man als Mensch zweiter Klasse mehr Zeit auf Wartelisten verbringt, als wirklich Hilfe zu bekommen und man von einer ignoranten Gesellschaft immer weiter fallen gelassen wird.

Vielleicht ergibt das Tagebuch am Ende ein komplettes Bild einer Krankheit, vielleicht dient es nur dem Zeitvertreib, vielleicht kann es anderen Opfern oder Menschen in ähnlichen Situationen helfen. Womöglich kann es Angehörigen einen Einblick in eine zerstörte Seele geben, Angehörigen eines anderen Opfers. Eventuell endet das Tagebuch abrupt, weil ich den Kampf gegen den dunkeln Wunsch verloren habe oder es kommt wie immer ganz anders.

WARNUNG:

Ich werde alles schonungslos und ehrlich schildern, dabei mit meinen begrenzten Fähigkeiten mit Worten Bilder zeichnen, so grausam wie meine Seele sie mir Tag für Tag vor Augen führt. Gespickt von irrationalen Gefühlen und Gedankensprüngen, die den Leser genau so schocken, überfordern oder anwidern können wie mich selbst auch.

Vielleicht rutschen Teile meiner Geschichte aus der Vergangenheit hinein, vielleicht auch immer und immer mehr, bis ich meine Biographie selbst komplettiert habe. Dabei werde ich Namen entfremden und stets anonymisiert vorgehen. Eventuell hinterlege ich eine Legende an einem sicheren Ort und eines Tages ist dies mein Abschiedsbrief und alle die es interessiert, dürfen es dann entschlüsseln, um all die Schuld zu verteilen für die sich bei einem (noch) lebenden Menschen niemand interessiert.

Da steh ich nun, seit Jahren depressiv und suizidal, gefangen in einem Alltag auf der Warteliste der Psychoklinik, versuchend nochmal durchzuhalten, um einen letzten Kampf um mein Seelenheil führen zu dürfen...

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Hallo, willkommen auf blogger.de!
Es ist wirklich kein "schönes" Thema, das du hier ansprichst, aber es ist ein sehr wichtiges Thema, das viel zu wenig "öffentlich" benannt und angesprochen wird! Überall wird davon gesprochen, wie toll das Gesundheitssystem in Deutschland ist... Für depressive, suizidale Menschen, die dringend, schnell Hilfe brauchen, trifft das auch meiner Erfahrung nach nicht zu, das System ist für diese Patientengruppe keineswegs "toll", sondern eine tägliche Katastrophe! Ich habe das selbst erlebt, und erlebe es immer wieder in meinem Umfeld. Es stimmt nicht, dass "Jeder Hilfe bekommt, wenn er sie braucht." wie es gerne dargestellt wird, sondern Menschen, die keine Kraft mehr haben, die fürs schlichte Überleben täglich kämpfen, müssen teils 100 Telefonate führen, um erstmal überhaupt auf einer monatelangen Warteliste zu landen. Was bis dahin mit dem Menschen ist, danach fragt dann keiner mehr! Das ist wirklich schlimm!
Ich finde es schön, dass du für deine Tochter versuchen willst zu kämpfen! Ich wünsche dir, dass dein Blog dir dabei helfen kann! Mir hilft es immer wieder, drauf los zu schreiben, es auf dem Blog zu erzählen. Ob das dann jemand liest, ist erstmal zweitrangig, denn es hilft mir, es rauszulassen, die Nächte zu überstehen, die ich immer wieder als bedrohlich erlebe.
Ich bin mittlerweile halbwegs stabil, ich habe ein gutes Helfernetz, aber ich könnte nicht überleben, ohne zu wissen, dass ich mich jederzeit dazu entscheiden könnte, mein Leben zu beenden. Ich weiß nicht, ob du das kennst, nachvollziehen kannst, aber schon die Tatsache, dass ich diese Option habe, auch genau weiß, was ich tun würde, gibt mir ein Gefühl von Sicherheit im Alltag. Ich habe die Kontrolle darüber, was ich ertragen muss, denn wenn es absolut unerträglich wird, habe ich "meinen Ausweg". Ich würde es meiner Frau nicht antun, mich umzubringen, das bring ich nicht übers Herz. Ich weiß aber auch genau, dass ich mit ihr zusammen Dinge überstehen kann, bei denen ich "das Handtuch werfen" würde, wenn ich allein wäre.
Schreib einfach drauf los, hauptsache es hilft dir irgendwie!
Grüße!

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